rPET- Wie aus Abfall Kleidung wird

Bild von der Facebook Seite Plastic Pollution Coalition
Bild von der Facebook Seite Plastic Pollution Coalition

   Über die Nachhaltigkeit von recyceltem Polyester wird rege diskutiert. Deshalb ist es wichtig, die positiven wie auch die negativen Punkte anzuschauen und abzuwägen, wann die Verwendung des Materials Sinn macht und wie man es so nachhaltig wie möglich einsetzt.

 

 

 

 

 

Momentan besteht etwa 50% der weltweiten Bekleidung aus Polyester (Tendenz steigend).  Das Material

boomt, da es funktional und langlebig ist. Gerade im Sport-, und Outdoorbereich bietet das Material einige Vorteile.

 

Polyester ist allerdings keine nachhaltige Faser, da sie aus Erdöl gemacht wird (ca 5-8% der gesamten Erdölgewinnung fliesst in die Textilindustrie). Zudem braucht Kunststoff etwa 500 Jahre, um sich zu zersetzen.

 

Um die Gebrauchszeit von schon vorhandenem Plastik zu verlängern wurden Prozesse entwickelt, durch die sich Plastikabfälle wie PET Flaschen zu Polyestergarn- und daraus zu Kleidung recyceln lassen.

 

Das rPet (recyceltes Polyester) wird vor Allem aus PET Flaschen oder alten Fischernetzen gemacht. Zum Teil werden sie dafür tatsächlich aus dem Meer gefischt. Aus 5 Sodaflaschen kann zum Beispiel ein XL Shirt entstehen.

 

Die Herstellung von rPET braucht etwa 59% weniger Energie als neues Polyester und sorgt laut WRAP für ca. 32% weniger Co2 Emissionen. Es wird auch kein neues Erdöl zugemischt.

 

Aber wie wird denn aus einer im Meer schwimmenden PET Flasche ein Kleidungsstück?

 

Es gibt zwei Varianten.

Der Prozess ist gar nicht so kompliziert und ist technisch gut bestreitbar:

 

Mechanischer Prozess:

Die Flaschen werden gesammelt, sortiert, die Deckel, Etiketten und Kleber entfernt.
Die Flaschen werden zerkleinert und gewaschen.
Der Kunststoff wird eingeschmolzen und zu Pellets/Flocken/Polyesterchips gegossen.
Aus den Chips wird ein neues Garn gesponnen.

Dies ist der günstigere und momentan häufiger genutzte Weg. Allerdings verliert der Kunststoff bei dieser Variante an Festigkeit und muss deshalb mit Frischfasern (neuem Polyester) gemixt werden.

 

Chemischer Prozess:

Der Kunststoffabfall wird durch auseinanderbrechen der einzelnen Moleküle in seine ursprünglichen Monomere zurückgeführt. Als Lösemittel fungieren Wasser, Methanol oder Glycol. Das so gewonnene Polyester ist weniger brüchig als bei der mechanischen Variante und ist von neuem Polyester nicht zu unterscheiden.

Mit dem chemischen Prozess sind aber hohe Kosten verbunden und dieser Weg wird nur wenig angewandt.

 

Die Verwendung von Polyester macht vor Allem bei Sport-, und Outdoorbekleidung oder Bademode Sinn. Beim Kauf sollte man umweltbewusste Unternehmen berücksichtigen, die sicher stellen, dass der Impact auf die Umwelt bei der Herstellung ihrer Produkte so klein wie möglich bleibt und die Arbeitsbedingungen in der Lieferkette fair und sicher sind.

 

 Im Namen der Nachhaltigkeit verwenden auch immer mehr Fast Fashion Konzerne einen rPET Anteil in ihren Kleidungsstücken. Gerade bei Modegiganten, die in Massen schlechte und kurzlebige Qualität produzieren und die Kunstfaser dabei für Kleidungsstücke verwenden, die gar keinen Kunststoff bräuchten, ist von Nachhaltigkeit aber nicht zu sprechen.

 

Empfehlenswerte Marken im Outdoorbereich sind zum Beispiel Vaude, Patagonia oder Pyua. Die letzten Zwei haben sogar ein eigenes Rücknahmesystem für ihre Produkte, aus denen sie so wieder neue machen können. Leider gilt dies aber bislang nur für die markeneigenen Produkte, da es

generell nicht möglich ist (oder zu aufwendig und nicht lukrativ) Kleidungsstücke aus Mixfasern und mit Zippern, Knöpfen etc.  zu recyceln.

 

Bademode aus recyceltem Meeresabfall findet man mittlerweile bei diversen Marken wie Pura Clothing, Kaio Swim, Underprotection und vielen mehr. 

 

Klar, es ist cool, dass aus einem kleinen Teil unseres Plastikabfalls Kleidung gemacht werden kann und so dem Kunststoff auf den Deponien und aus dem Meer ein etwas längeres Leben geschenkt wird.

 

Alle, die sich jetzt allerdings erhoffen, mit dem neuen rPET ohne schlechtes Gewissen massenhaft Kleidung shoppen zu können, müssen leider enttäuscht werden.

Aus folgenden Gründen sollte der Konsum dieses Materials so klein wie möglich gehalten werden, sofern einem die Gesundheit des Planeten am Herzen liegt:

 

Recyceltes PET löst nicht unser Plastikproblem

Plastik zu recyceln "behandelt" nur das Symptom, nicht aber die Ursache selbst.

 Nur ein ganz kleiner Teil unseres Abfalls wird recycelt.

Das Recyceln von PET verlängert zwar die Gebrauchsdauer von Plastik, es lässt sich jedoch in der Regel nur ein Mal zu Kleidung recyceln und danach landet es wieder auf Deponien oder im Meer, wo es sich nicht biologisch abbauen lässt.

Die NGO Ocean Consercancy besagt, dass jedes Jahr 8 Millionen Tonnen Kunststoffe in den Ozean gelangen. Zusätzlich zu den geschätzten bereits 150 Millionen Tonnen, die bereits im Meer herumtreiben. Wenn das so bleibt- und wahrscheinlich werden sich die Zahlen sogar noch erhöhen- dann wird es bis spätestens 2050 mehr Plastik als Fische im Meer geben.

Die Verwendung von Kunststoff muss also stark eingedämmt werden. Recyceltes Polyester beruht auf einem Rohstoff (Abfall), der eigentlich gar nicht da sein dürfte.

 

Obwohl die Herstellung von recyceltem Polyester etwa 59% weniger Energie als die von neuem Polyester braucht, benötigt sie immer noch mehr Energie als die Herstellung von Materialien wie Baumwolle oder Hanf.

(siehe Abbildung am Ende des Artikels)

 

Die meisten PET Recycling Stationen sind in Asien. Der ganze Müll muss also zuerst einmal mit grossen Kontainerschiffen nach Asien transportiert werden.

 

Die im Recycling Prozess gewonnenen PolyesterChips sind oft nicht reinweiss, deshalb wird für die Farbe Weiss nicht selten Chlorbleichmittel benutzt. Auch sonst ist der Färbeprozess sehr aufwendig.

 

Das Erhitzen von PET setzt giftige Dämpfe frei.

 

Und- wie auch bei neuem Polyester- können sich bei jedem Waschgang über 700.000 Kunsstofffasern lösen, die danach als Mikroplastik im Wasser landen. Laut einem im Jahre 2011 in der Zeitschrift "Environmental Science Technology" veröffentlichten Artikel machten Mikrofasern bereits damals 89% der von Menschen verursachten Ablagerungen an Küsten auf der ganzen Welt aus.

 

Deshalb der Hinweis: Falls ihr Kleidung aus Polyester besitzt, wascht diese so selten wie möglich und wenn, dann mit einem Guppyfriend Washing Bag. Die Fasern lagern sich nach dem Waschen in den Ecken des Waschbeutels ab und können einfach entfernt und entsorgt werden. Die Beutel gibt's beispielsweise in Winterthur im Unverpackt Laden.

 

Die Devise lautet also nicht: Viel kaufen aber nur noch recycelt- sondern weniger und nur wenn wirklich nötig kaufen. Das ganze Übermass macht nämlich das Gift.

 

 

Das Wichtigste in Kürze:

Kunststoffe sind in allen Formen mit Vorsicht zu geniessen. Sie sollten so selten wie möglich verwendet werden, um die Vermüllung der Meere und des Planeten nicht weiter voranschreiten zu lassen.

Bei Sport-, und Outdoorbekleidung oder Bademode macht es Sinn, auf Kunstfasern zurückzugreifen, zumal diese sehr funktional und langlebig sind. Hier sollte aber auf recyceltes Polyester zurückgegriffen werden, welches aus Europa stammt. Am Besten wird dabei eine Marke berücksichtigt, die ein nachhaltiges Leitbild verfolgt und unter fairen Arbeitsbedingungen herstellen lässt. Nachhaltig wäre es auch, nicht jede Saison die neuste Farbe zu kaufen, sondern ein Teil über Jahre hinweg zu lieben und zu tragen. Wo immer es geht, ist es sinnvoll, natürliche und biologisch abbaubare Materialien vorzuziehen, die nachhaltig und unter fairen Bedingungen hergestellt wurden.

 

WENIGER IST MEHR!

Kein recyceltes Produkt kommt an die umweltverträglichkeit von KEINEM Produkt heran.

Kaufe nur was wirklich nötig ist und trage es solange wie möglich.

 

Zuletzt noch eine Grafik die den Energieaufwand für die Materialien Hanf, Baumwolle und Polyester vergleicht. Der dunkelviolette Bereich zeigt, wie viel Energieaufwand der Pflanzenanbau benötigt und der fliederfarbene Teil den Energieaufwand der Faserherstellung.

Aus einem Bericht des Stockholm Environment Institute aus dem Jahr 2010
Aus einem Bericht des Stockholm Environment Institute aus dem Jahr 2010